Theorie
Ein satter Kupferton im Irish Red, ein pechschwarzes Stout oder ein goldorangenes Böhmisches Pilsner - die Skala der Farbwerte in unserem Lieblingsgetränk ist breit. Die Farbe des Bieres im blank poliertem Glas ist in der Regel dessen zuerst wargenommene Eigenschaft, noch vor Geruch und Geschmack. Häufig bedingen sich Farbe und andere Eigenschaften des Bieres. Ein sehr helles Bier hat oft einen sehr schlanken Körper und ein tiefschwarzes Bier lässt auf Kaffee- und Röstaromen hoffen. D.h., die Farbe des Bieres weckt in uns eine gewisse Erwartungshaltung gegenüber dem was wir da gleich an unseren Mund führen. Auch aus diesem Grund haben wir meist eine ganz konkrete Vorstellung über die farblichen Eigenschaften des Bieres welches wir brauen wollen.
Die Farbe des Bieres ergibt sich vorrangig aus den Farbwerten und der Menge der in der Schüttung enthaltenen Malze. Die Farbe eines Malzes wird vom Mälzer meist in Bereichen angegeben, z.B. Pilsner Malz 3,5 bis 5 EBC oder Münchner Malz 20 bis 25 EBC, wobei diese Farbwerte für bestimmte Malzsorten charakteristisch sind. Je niedriger der EBC-Wert, desto heller ist das Malz und je höher desto dunkler. Das Spektrum verfügbarer Malzfarben reicht von 2 EBC (sehr hell) bis 1200 EBC oder noch darüber (a.k.a. Holzkohle).
Überschlägig lässt sich die Farbe des Bieres über die EBC-Werte der verwendeten Malze und deren Anteilen in der Schüttung berechnen. Eine Schüttung aus 2 kg Pilsner Malz mit 4 EBC und 2 kg Münchner Malz mit 20 EBC würde daher eine Bierfarbe von etwa 12 EBC ergeben (→ ((4 EBC × 2 kg) + (20 EBC × 2 kg)) ÷ 4 kg = 12 EBC). 12 EBC entsprechen einem schönen Orangeton:
Tatsächlich wird das Bier aber in den meisten Fällen dunkler sein als in oben gezeigtem einfachen Beispiel. Denn neben den einzelnen Malzen und deren Farbwerten spielt insbesondere die Gesamtmalzmenge und der daraus resultierenden Stammwürze ein wichtige Rolle - je höher, desto intensiver die Farbzunahme. Ausgehend von einer Stammwürze von 10°P erhöht sich der Farbwert des Bieres etwa um 10% pro °P (ausgedrückt in der oben dargestellten Formel als "mal Stammwürze [°P] / 10"). Im Vergleich zu 10°P hätten wir bei 20°P quasi eine Verdoppelung des Farbwertes erreicht! Die oben genannte Schüttung wird bei 12°P daher nicht 12, sondern eine Bierfarbe von 14 EBC (bernsteinorange) erzeugen und bei 16°P, z.B. einem Bock, satte 19 EBC (kupfer). Bei einem Barleywine mit 25°P wären wir statt bei orange schon bei 30 EBC (braun) angelangt! Bei sehr schwachen Bieren (<10°P) kann die resultierende Farbe im Gegenzug auch geringer ausfallen als durch die mittlere Malzfarbe der Schüttung bestimmt.
In weitaus geringerem Maße trägt auch die Kochzeit der Würze (je länger, desto dunkler wird das Bier) zur Bierfarbe bei. Beim Beitrag der Kochzeit reden wir von Farbwerten von 1-2 EBC zusätzlich pro Stunde Kochzeit, also nicht Null aber auch nicht wirklich viel (siehe dazu auch die Anmerkungen über die während des Würzekochens stattfindenden Maillardreaktionen weiter unten). Bei sehr hellen Bieren wird in verschiedenen Literaturquellen noch eine verstärkte Zufärbung von 2-4 EBC veranschlagt (siehe z.B. H.Hanghofer "Bierbrauen nach eigenem Geschmack", BLV 1999). Ein Deutsches Pils oder ein Helles mit einer Stammwürze von 11.5°P, welches ausschließlich mit sehr hellem Malz (z.B. Pilsner Malz 2,5 - 4,5 EBC) gebraut wurde, käme unter dieser Annahme allerdings nicht unter einen Farbwert von etwa 9 EBC, was für diese Biersorten fast schon zu farbintensiv ist. Aus diesem Grund - und weil es nicht der eigenen Erfahrung als Hobbybrauer entspricht - verzichtet der Rechner auf dieses Extra an Zufärbung. Wer möchte kann diesen Wert z.B. bei Bieren <10 EBC natürlich händisch zum berechneten Farbwert hinzuzählen.
Für Interessierte, die sich etwas näher mit der Thematik auseinandersetzen wollen, ist der Artikel "Strohgelb bis Pechschwarz" von Jörg Krüger im Brau!magazin sehr zu empfehlen.
Ein weiterer Aspekt, der ggf. in einer zukünftigen erweiterten Version dieses Rechners integriert werden könnte, ist der Beitrag des pH-Wertes der Bierwürze (oder der Maische bei der Dekoktion) auf die während des Kochens stattfindenden Maillardreaktionen. Maillardreaktionen sind, vereinfacht gesprochen, unter Hitzeeinwirkung stattfindende nicht-enzymatisch Bräunungsreaktionen zwischen Aminosäuren und reduzierenden Zuckern. Beispiele sind z.B. das Rösten von Kaffeebohnen, das Darren von Malz, die Bräunung von Brot und Gebäck während des Backens oder eben die Farbintensivierung der Bierwürze während des Kochens. Da Maillardreaktionen neben der Temperatur und der Zeit vor allem auch vom pH-Wert abhängen, ist die weiter oben mit 1-2 EBC pro Kochstunde bezifferte Farbintensivierung nur eine grobe Annahme, welche bei einem nicht näher definierten Würze-pH - sagen wir 5.2-5.6 - in etwa auch hinkommt. Bei höheren Würze-pH-Werten können die verschiedenen komplexen Maillardreaktionen allerdings deutlich schneller ablaufen und die Melanoidinbildung (sprich Bräunung) kann dadurch stärker ins Gewicht fallen als vom Rechner vorhergesagt. Vielleicht hat der Ein oder Andere von euch schon mal eine unnormal starke Farbintensivierung des geplant strohgelben Hellen während des Würzekochens erlebt? Evtl. lag's am pH-Wert! - ein weiterer Grund sich Gedanken über den Maische-pH-Wert zu machen, der die Grundlage für den pH-Wert aller weiteren Schritte im Brauprozess, einschließlich des Würze-pH-Wertes, darstellt (siehe z.B. auch den Wasserrechner auf dieser Seite).